Löbtau ist erwachsen geworden …

»Löbtau ist erwachsen geworden … «
Der Sound von Löbtau

Wenn man Nicht-Löbtauer auf den Stadtteil vom »dunklen Elbufer« anspricht, dann denken dabei viele an jede Menge Verkehr, einen hohen Lärmpegel und ein nicht vorhandenes Kultur- und Nachtleben. Aus Sicht des Verkehrsknotenpunktes an der Haltestelle Tharandter Straße mag das sogar stimmen, denn während hier am Tag unzählige Autos, Straßenbahnen und Busse vorbeidonnern, werden am Abend die Bürgersteine anscheinend hochgeklappt. Doch der Schein trügt. Wenn man einige Adressen kennt und bereit ist, sich einige Meter von der Kesselsdorfer Straße zu entfernen, kann man in Löbtau einiges erleben.


Die meisten Initiativen bauen in erster Linie auf einem nachbarschaftlichen Miteinander auf und sind daher meist unkommerziell strukturiert. Von außen betrachtet wirken sie mitunter gar nicht wie öffentliche Veranstaltungen, sondern eher wie private Partys, die in Hinterhöfen oder Gärten stattfinden. Es lohnt sich aber seine Hemmungen fallen zu lassen. Kulturell gesehen bestehe hier aber auch noch ein gewisses Defizit, wie Felix Liebig von der Bürgerinitiative »Löbtauer Runde« erklärt. Das hänge vor allem mit einer wenig effizienten Verkehrsanbindung zusammen, die ihr Interesse in erster Linie auf den schon erwähnten Verkehrsknotenpunkt und die Fernbusse richtet. In der Bürgerinitiative, in der sich übrigens jeder engagieren kann, wird darüber lebhaft diskutiert, es besser zu machen. 

So arbeite anlässlich der 2018 stattfindenden 950-Jahr-Feier die »Löbtauer Runde« und der daran gekoppelte »Löbtop e.V.« an einer historischen Aufarbeitung, aus der auch Visionen für die Zukunft entwickelt werden sollen. Dabei wird auch an der Realisierung eines Stadtteilladens gearbeitet, in dem engagierte Bürger noch wirksamer auf stadtpolitische Entscheidungen Einfluss nehmen können. Das Interesse an Mitbestimmung wächst also. 

Auch in anderen Initiativen wie dem Wohnprojekt »Wums e.V.«, dem Netzwerk »Willkommen in Löbtau«, das sich vorrangig um die Integration von Flüchtlingen kümmert, oder dem »Liubituwa e.V.«, das den Projektraum »Platz Da!« organisiert, wird Bürgerengagement vorgelebt. Dabei bemängeln viele ihrer Mitglieder fehlende Anteilnahme außerhalb der »alternativen Szene«. Mitbürger fühlten sich ausgeschlossen, obwohl doch bei ihnen jeder willkommen sei. 


Das »Platz Da!« auf der Wernerstraße etwa bezeichnet sich selbst als offenen Nachbarschaftstreff. Jeden Monat wird hier eine Ausstellung präsentiert, zudem gibt es zwei Veranstaltungen pro Woche, die auf ein Miteinander mit Unterhaltungswert setzen. Am Donnerstag findet hier eine Küfa statt, die bei gutem Wetter gerne in den Columbuspark neben dem Wums verlegt wird. 

Auch wenn die Mitglieder der verschiedenen Initiativen zu einem Großteil lose miteinander zusammenhängen, wünsche man sich doch eine stärkere Zusammenarbeit, wie mir ein Mitarbeiter des »Platz Da!« verrät. Die Küfa sei eine gute Gelegenheit, sich in lockerer Atmosphäre darüber auszutauschen – auch wenn es um die Dezentralisierung der Neustadt gehe. Das jährlich stattfindende Columbusstraßenfest nahm hierbei immer eine Schlüsselrolle ein. Nicht umsonst habe es meistens am BRN-Wochenende stattgefunden, doch dieses Jahr steht ein möglicher Termin noch in den Sternen. Die lose Besetzung, sowie der Wegzug mehrerer Organisatoren sei Schuld daran. »Vielleicht ja im August«, heißt es. Auf jeden Fall sei das »Roads Festival« vom letzten Jahr ein neues verbindendes Element geworden, das mitunter auch verschiedene Ateliers mit einbezogen hat. So etwa die »stolle33«, die nur hin und wieder ihre Türen für einen erweiterten Freundeskreis öffnet. Da »die Stolle« eigentlich eine Ateliergemeinschaft von sechs Künstlern ist, ähnelt sie eher einem offenen Wohnzimmer, denn einem Veranstaltungsort. Auch die unregelmäßig stattfindende »Stollinale« macht nur äußerlich den Eindruck eines Kurzfilmfestivals, vor allem diene sie dem ausgewählten Publikum stets als Motivation, um selbst kreativ zu werden, da die Zuschauer meistens selbst die Protagonisten und Filmemacher sind. 


Von entscheidender Wichtigkeit für das kulturelle Leben in Löbtau ist das »Kino in der Fabrik«, das besonderen Fokus auf Autorenfilme legt und regelmäßig auch Veranstaltungen wie den »Tanz im Schwarzen Salon« organisiert. Nicht unerwähnt sollte auch das »Volume 11« bleiben, in dem Musiker nicht nur Proberäume stundenweise anmieten und ihre ersten Aufnahmen produzieren, sondern auch im wöchentlich stattfindenden Musiker-Speeddating neue Bandmitglieder kennenlernen können. Das ist in Dresden einzigartig. 

Wahrlich einzigartig ist auch die »Huschhalle am Dreikaiserhof«. Die legendäre Trinkhalle hat es auf Youtube sogar zu einer eigenen Hymne geschafft, in der treffend die heruntergekommene Stimmung getroffen wurde. 

Wahlweise kann man auch den »Club Gisela« aufsuchen oder den Späti am Bonhoeffer Platz, vor dem eigentlich immer was los ist. Wer sich allerdings mit Alkoholika ausgestattet im Park niederlassen will, der sollte sich beeilen, weil der Platz heiß begehrt ist. 


Zusammenfassend kann man sagen, dass Löbtau ein großes Potential besitzt, sich in verschiedenste Richtungen weiterzuentwickeln. Die Szene ist offen und herzlich und selbst in der »Huschhalle« ist es irgendwie gemütlich. Oder um es mit den Worten von Felix Liebig zu sagen: »Löbtau ist erwachsen geworden und überlegt gerade, wo es in Zukunft hin will.« 


(Dieser Artikel ist bereits im Dresdner Kulturmagazin erschienen.)

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