Die Auseinandersetzung mit der Charta 2017

Die Auseinandersetzung mit der Charta 2017 

Das gestrige Gespräch „Streitbar! Wie frei sind wir mit unseren Meinungen?“ zwischen und Uwe Tellkamp und Durs Grünbein im Kulturpalast hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, sich mit den Perspektiven der anderen im Gespräch auseinanderzusetzen und wie hinfällig und oberflächlich Kategorien wie „links“ und „rechts“ im aktuellen Diskurs geworden sind.


Grünbein überraschte durch eine durchaus auf den Konsens ausgerichtete Argumentation, wirkte vielleicht etwas zu beschwichtigend und gab Tellkamp in vielen Punkten recht. Der energische Redner Uwe Tellkamp glitt hingegen in populistische Gemeinplätze ab. Das hatte der ein oder andere so nicht erwartet, auch wenn Tellkamp wichtige Positionen herausarbeitete wie etwa die Rolle der tendenziellen Berichterstattung in der Flüchtlingskrise, Beleidigungen gegenüber Ostdeutschen, der Herabwürdigung von Flüchtlingskritikern und das sich abzeichnende Versagen der Integrationspolitik. In der Formulierung des Börsevereins des Deutschen Buchhandels, man solle „die aktive Auseinandersetzung“ mit den rechten Verlagen auf der Frankfurter Buchmesse suchen, sah Tellkamp einen Aufruf zur Gewalt. 

Grünbein kritisierte Tellkamp vor allem darin, dass die Flüchtlingskrise als Sündenbock für alle aktuellen politischen Probleme herhalten müsse und bestand darauf, dass soziale Ungerechtigkeit auch schon vorher bestanden hätte. Überspitzt formulierte er, dass die Politik nichts unternommen hätte, etwas an diesen Zuständen zu ändern. Tellkamp verstand die überspitzte Formulierung leider nicht und fuhr in seinem Konfrontationskurs weiter fort.


Im anschließenden Publikumsgespräch äußerte sich u.a. Eric Hattke vom Atticus e.V., der Tellkamp für seine schon beinahe nebenbei geäußerte Defintion von Meinungsfreiheit kritisierte. Laut Tellkamp solle das geltende Recht entscheiden, was gesagt werden darf und was nicht, welche Verlage auf der Buchmesse ausstellen dürfen und welche nicht. Hattke fragte sich, wie die Geschichte der DDR wohl verlaufen wäre, wenn man diesem Ansatz gefolgt wäre. Leider ging Tellkamp auf die Frage nicht weiter ein.

Auch Götz Kubitschek vom Antaios-Verlag bezog Stellung und bekräftigte, dass er den Riss in der Gesellschaft weiter vertiefen wolle. Er sei der Meinung, dass politische Debatten nur von den Rändern aus geführt werden können. Man kann nur hoffen, dass das Kulturhauptstadtbüro weitere Veranstaltungen folgen lassen wird. 

Das komplette Gespräch findet sich unter:  
(Die Veranstaltung beginnt etwa in der elften Minute des Videos.) 


(Der Text entstand für das Dresdner Kulturmagazin.)



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