Apokalypse Nu!

Apokalypse Nu! 

Das Ende ist nah! Wir wissen es alle und zwar schon sehr lange. Schließlich sind Untergangsfantasien fester Bestandteil unserer christlich-abendländischen Kultur. Schon beinahe sehnsüchtig wartet das Christentum seit den letzten 2000 Jahren auf den Tag des Jüngsten Gerichts. Denn die Angst vor dem Ende aller Tage ist auch eng verwoben mit dem Heilsgedanken eines darauf folgenden Friedensreiches; von einer Zeitenwende, die auch die weltlichen Mächte neu verteilt.


Wie die sächsische Variante dieser Angst, die gleichzeitig auch Sehnsucht ist, in Form gegossen aussieht, konnte man an einem Wochenende im April sehen. Das »Trojanische Pferd« der Initiative »Kunst ist frei«, die sich aus einer Gruppe besorgter Bürger zusammensetzt, solle als »eine bildhafte Parallele zu unserer besorgniserregenden Gegenwart« verstanden werden. Darin spiegelt sich die ideologische Sichtweise wider, dass Flüchtlinge Invasoren seien, die von der Bundesregierung sorglos ins Land gelassen, nur auf den richtigen Moment warten, um die deutsche Bevölkerung in einer Welle brutaler Gewalt niederzustrecken. So stellte es zumindest die Hymne dar, die etwa alle zehn Minuten vor der Installation abgespielt wurde – mit heroischer Musik unterlegt, energisch eingesprochen von DJ Happy Vibes. 

Dieser besorgte Bürger posierte für die Kameras. Er schien zu dem Projekt »Kunst ist frei« zu gehören. Die Ordner kannten ihn. Sein Faschingsoutfit ist vermutlich an die Uniform der Trojaner angelehnt. Ob das Symbol auf dem selbst gebastelten Schild wohl an eine »Schwarze Sonne« erinnern soll? Man kann nur spekulieren.

Das Bild der Invasion durch eine islamistische Eroberungsarmee ist ein beliebtes Motiv, um in rechten Kreisen Angst vor dem Untergang des Abendlandes zu schüren. Die Identitäre Bewegung etwa hat sich daher auch den griechischen Buchstaben Lambda als Logo gewählt. Dieses ziert die Schilder der Spartaner in dem Film »300«, die sich der übermächtigen Invasionsarmee des Perserkönigs Xerxes entgegenstellen. Belege dafür, dass die Spartaner dieses Zeichen wirklich trugen, gibt es übrigens nicht. Aber wen interessiert schon die Geschichte, wenn man sie eh nur für seine politischen Zwecke nutzen will? Notfalls müssen da eben Fakten umgedeutet werden. Notfalls muss da auch mal auf die Kunstfreiheit zurückgegriffen werden, die dieselben Kreise vorher noch kritisierten, wenn die darin getroffenen Aussagen nicht der eigenen Meinung entsprachen. Kunst im öffentlichen Raum scheint nur dann akzeptiert zu werden, wenn damit Angst und Hass geschürt wird. In diesem Sinne: »Apokalypse, nu!« 



(Dieser Text ist als Editorial bereits im Dresdner Kulturmagazin erschienen.)

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