»Das Interessante am Fremden ist das Fremde selbst«

»Das Interessante am Fremden ist das Fremde selbst«
Der Schriftsteller Uwe Kolbe zum Thema »Heimat und Identität«

Uwe Kolbe, 1957 in Ost-Berlin geboren, war oft auf Reisen, sowohl im Ausland als auch im geteilten und wiedervereinigten Deutschland. Er selbst findet es befremdlich, dass man ihn oftmals nur mit seiner DDR-Vergangenheit in Verbindung bringt, obwohl er doch den Großteil seiner Werke außerhalb des Arbeiter-und-Bauernstaates schrieb und auch veröffentlichte. Dennoch räumt er ein, dass ihn diese Zeit nachhaltig geprägt hat. Ich habe mich mit ihm getroffen, um über Herkunft, Prägung und die Stadt Dresden zu sprechen, in der er kürzlich auch eine neue Heimat gefunden hat.
 

Herr Kolbe, ab Mitte der 80er Jahre war es Ihnen trotz Ihrer systemkritischen Meinung gegenüber der DDR möglich ins westliche Ausland zu reisen, ab 1987 bekamen Sie sogar ein Dauervisum für die BRD. 1988 sind Sie schließlich nach Hamburg gezogen. Was waren Ihrer Meinung nach die gravierendsten Unterschiede im Identitätsverständnis zwischen Ost- und Westbürgern?

Die einfachste Sache ist: Ich stehe in Westberlin in einer Telefonzelle, rufe eine Westberliner Tante an, die Schwester meines Vaters, und ich frage sie: »Wann können wir uns denn mal treffen? Ich bin jetzt hier« und da sagt sie: »Oh, wie lange bist du denn schon in Berlin?« Da musste ich lachen und sagte: »Liebe Tante, schon mein ganzes Leben.« Das Identitätsverständnis der Westberliner war, dass sie in Berlin lebten. Das Verständnis von Ostberlinern war die Wahrnehmung von Ost und West. So erging es mir dann auch in Westdeutschland. Dort wurde ich begrüßt mit dem selbstverständlichsten Deutschlandbegriff überhaupt. Sie meinten aber immer nur Westdeutschland. Das heißt, sie hatten vergessen, dass es das andere überhaupt gab. Das ging durch alle Gesellschaftsschichten hindurch, also von Leuten auf der Straße bis hin zu Leuten, mit denen ich auch beruflich zu tun hatte, also auch Intellektuellen, selbst wenn sie sich danach auf den Mund gehauen haben und gesagt: »Oh, stimmt ja!«

Die Ost-Identität war durch die drei Buchstaben »DDR« belastet. Im Ausland war es für mich immer ein Schreck als »Deutscher« angesprochen zu werden. Ich habe dann immer gesagt: »Nee, nee. Ich komme aus der DDR.« Das war natürlich damals ideologisch gefärbt. Ich wollte betonen, dass ich die Spaltung des Landes anerkenne. Das gehörte für mich zu meinem persönlichen Selbstverständnis dazu. Deswegen bin ich so, wie ich bin.

Was hat sich an diesem Identitätsbegriff Ihrer Meinung nach seit der »Wende« verändert?

Ich glaube im westdeutschen Selbstverständnis gar nichts. Es sei denn, man ist in den Osten gezogen, was ja auch viele gemacht haben. Insbesondere in Dresden wird mir das ganz massiv gespiegelt. Ich hatte die Umwälzung der 90er Jahre ja nicht miterlebt. Ich war damals fast die ganze Zeit im Westen und dort musste sich der Deutschlandbegriff nicht ändern. Er hat sich auf die Neuen Bundesländer nur drübergelegt. Die Blase, also das, was man mit Deutschland meinte, ist sozusagen größer geworden.

Ich habe allerdings Schwierigkeiten damit, das zusammenzubringen, wie die Situation empirisch wahrgenommen wurde und was die Medien, die Soziologie, die Literatur spiegelte. Ich weiß nicht, was in diesem Fall Henne und was Ei ist. Die Diskussion über Identität, die nach dem Mauerfall aufkam, ist sofort ins Europäische und Globale verschoben worden. Es hieß plötzlich: »Ich will gar nicht mehr deutsch sein, sondern ich will europäisch sein. Ich bin jetzt Weltbürger.« Das mag vielleicht stimmen, aber das Interessante dabei ist – das will ich hier nochmal bekräftigen – das interessante am Fremden ist doch das Fremde selbst. Überall auf der Welt begegnet man ja Menschen, die irgendwo herkommen. Die Basis dafür, dass wir uns überhaupt unterhalten können, ist doch, dass wir von Mensch zu Mensch miteinander reden, dass wir geboren wurden, dass wir vielleicht Kinder haben und selbst mal Kinder waren, dass wir die und die Filme sehen, die und die Musik hören. Das sind die Dinge, die uns leicht zueinander bringen. Aber das, was mich wirklich interessiert, wenn ich in die Welt gehe, ist doch die Fremde, also das, was ich noch nicht kenne.
 
Das auszublenden, wenn man über Identität oder Heimat spricht, halte ich für falsch und sogar für dumm. Das Fremde ist das Geschenk, das ich entdecke, wenn ich irgendwo anders hingehe und das ändert mich, weil ich dabei an Erfahrung gewinne. Der radikale Weltbürger, der die eigene Identität nicht gelten lässt, weil er sagt, dass alle Menschen gleich sind, ist dabei für mich genauso dumm, wie der radikale Nationalist oder Scheunenbewohner, der sagt: »Bis hier hin und nicht weiter.« Das sind für mich die beiden falschen Reflexionen zum Thema »Heimat und Identität«.

Was bedeutet für Sie persönlich »Identität«?

Ja, da sind wir eigentlich schon mittendrin in einer Begriffsdefinition. Ich bin aber kein Soziologe, ich bin auch kein Sprachforscher irgendeiner Art, ich bin noch nicht einmal ein Germanist, sondern einfach jemand, der beruflich mit Sprache umgeht. Wenn die Leute dieses Wort »Identität« benutzen, dann meinen sie meistens ein Gemisch; ein Gemisch aus der Herkunft, etwas Familiärem, etwas Ethnischem usw. Und sie meinen damit grundsätzlich etwas ganz selbstverständliches. Sie meinen etwas, das sie selber sind, was durch die Umstände aus ihnen wurde. Ich halte es für etwas sehr einfaches und zugleich sehr komplexes. Wenn man versucht, von außen darauf zu blicken und es zu zerlegen, dann wird es kompliziert. Wenn jemand aber versucht, ganz ohne Krampf davon zu reden, dann scheint es plötzlich ganz einfach. Schließlich ist man einfach so gewachsen und mit jedem Tag hat man sich ein bisschen verändert.

Wenn wir über Einwanderung sprechen, dann vergessen wir oft, dass sich die Gesellschaft in einer ähnlichen Weise (nämlich durch die allgemeine Bewegung und Wanderung der Völker) verändert. Wir vergessen, dass sich die Ethnien und Menschen schon immer gegenseitig durchmischt haben und beständig zu einer vielfältigen Gesellschaft zusammenwachsen, und zwar fast überall.
 
Ein Problem dabei ist auch stets die schon erwähnte Außenbeschreibung, in diesem Fall durch Medien, Soziologie, Politologie, also dieser Phalanx von Dauerbeschreibern einer Gesellschaft, die Themen hochholen und plötzlich ein Identitätsproblem daraus machen. Das ist ja nicht erst mit dem Aufkommen der »Identitären Bewegung« thematisiert worden.

Ich interessiere mich übrigens sehr für Mentalitäten. Diese Erfahrungen kann man nicht mit Erhebungen und Statistiken machen, sondern man muss sie erleben. Wenn man auch sehr viel in Deutschland unterwegs ist, staunt man doch immer wieder wie verschieden die Menschen hier sind und wie verschieden die doch sein können. Also Hamburger und Baden-Württemberger zum Beispiel – einen größeren Kontrast gibt es auf der ganzen Welt nicht. Das sind so verschiedene Mentalitäten. Ich meine, Geschäfte machen können sie beide. Da treffen sie sich wieder. Aber ich glaube, das, was man immer wieder vergisst, ist doch, dass wir in einem föderalem Staat leben, der ganz unterschiedliche Regeln und Gebräuche hat. Und jeder geht auch anders mit Fremden um. Und das allein in einem einzigen Sprachraum. Immer wird gleich über die »Fremden aus dem Ausland« geredet, dabei könnte man auch einfach mal über die verschiedenen Mentalitäten in diesem Land sprechen und dann könnte man mal sehen, welche Mentalitäten noch hinzukommen.

Was glauben Sie, weshalb das Thema »Heimat und Identität« wieder so aktuell ist? Haben die Leute vielleicht Angst ihre Identität zu verlieren?

Überwältigend unerklärlich ist das. Es hat natürlich eine Geschichte, die durch die Situation 2015 und das »Wir schaffen das« verschärft wurde. Die Diskussion war aber natürlich schon lange davor da. In der ganzen Europa-Debatte ging es ja schon immer darum. Ich glaube aber, dass die Debatte notwendig ist. Ich finde nur, dass sie auf einem erbärmlichen Niveau geführt wird. Sie wird auf dem »Pegida-Niveau« geführt, sie wird auf dem »Ihr-Nazis!-Niveau« geführt. Es sind aber ganz offensichtlich Verteilungskämpfe, die dort eigentlich stattfinden. Es wird ja vom Sozialstaat geredet, der in Gefahr ist. Man kann eben nur hoffen, dass die Regierenden, also diejenigen, die im Parlament sitzen, dem Volk ehrlich erklären, wie die Zahlen stehen, was machbar ist und wo die Grenzen liegen. Die Kommunikation zwischen den Vertretern des Volkes und dem Volk selbst ist mehr als dünn. Die Leitmedien tragen daran auf jeden Fall eine Mitschuld. Sie fragen wenig, meinen viel. Es ist eigentlich ihre uneingeschränkte Pflicht, dort vernünftig zu informieren. Es wird aber niemals die Komplexität des Prozesses ordentlich abgebildet. Man muss die Dinge eben ruhig und differenziert betrachten, und das finde ich in fast keinem Medium vor. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die Debatte, mit all ihren Schattenseiten, auf der Straße ausgetragen wird.

Was ist Ihrer Meinung nach bei der Identitätsbildung wichtiger: Abgrenzung oder Zugehörigkeit?

Das ist mir zu abstrakt. Ohne Abgrenzung wären wir nicht wir selbst. Wer sich nicht abgrenzen kann, geht einen ganz schweren Weg. Es gibt aber natürlich ganz viele Gruppenabgrenzungen, über die wir heute diskutieren, ethnischer und sprachlicher und anderer Natur. Es braucht beides. Ich will mich auch gar nicht auf die ganzen Nationaldebatten einlassen. Das überschaue ich nicht. Mein Herz zerreißt es, wenn die EU baden geht. Andererseits bin ich in meinem Weltverständnis und meiner Identität als Weltbürger überhaupt nicht betroffen. Ich bin ja schon groß geworden mit dem europäischen Gedanken. Die offenen Grenzen waren eine große Freude. Und jetzt soll wieder alles in kleine Käsekästchen eingepackt werden? Das finde ich nicht so toll, aber natürlich sehe ich da auch die Probleme.

War für Sie als DDR-Bürger die Abgrenzung vom herrschenden System prägend?

Es hat natürlich mit den eigenen Erfahrungen zu tun und damit, dass man gewisse Dinge, die man erlebt hat, so nicht mehr erleben will. Wenn man zum Beispiel eine starke antisozialistische oder hierarchiefeindliche Einstellung bzw. eine staats- und verwaltungsskeptische Haltung nach dem Polizeistaat entwickelt, dann ist das nur natürlich. Ich bin ja heute noch froh, wenn ich über eine rote Ampel gehen kann und nicht gleich nach dem Ausweis gefragt werde. Der Dauerzustand früher war ja jeden Tag hundert Prozent soziale Kontrolle; wie auf dem Dorf. Nur eben nicht von Dörflern sondern eben vom ABV (Abschnittsbevollmächtigter) und von der KWV (Kommunale Wohnungsverwaltung). Diese Erfahrung wird man nicht mehr los, also wehrt man sich gegen alles, was auch nur den Anschein davon macht. Bestimmte gleichmacherische Diskussionen und Denkvorgaben führen natürlich dazu, dass man sich daran erinnert fühlt. Das geht offensichtlich vielen Leuten in meiner Generation so. Das ist auch zum Teil ein Generationenproblem, unabhängig von politischen Lagern.

Sie sind bereits 1993 wieder in den Osten zurückgegangen. Warum?

Das waren ganz private Gründe. Es war keine Sehnsucht. Ich vermisse auch heute Berlin nicht. Ich fahre da heute gewissermaßen als Fremder hin, auch wenn ich dort einen großen Teil meines Lebens verbrachte. Ich wollte aber nicht in den Osten zurück. Es war auch anstrengend damals. Es waren mir einfach zu viele Baustellen. Das Positive war aber, dass jeden Tag eine neue Kneipe auftauchte. Das war natürlich wunderbar. Man prüfte die Cocktails usw. Ich bin aber in gewisser Hinsicht nicht sesshaft. Ich bin zwar sehr gern da, wo ich bin und will auch dort bleiben, aber es gibt dann immer Umstände, die meistens privater Natur sind, von da fortzugehen.

Bereuen Sie, dass Sie den Mauerfall nur aus dem Ausland miterlebt haben?

Ich bereue eine unerhörte Menge in meinem Leben, aber das war einfach nur schade. Ich musste ihn mir leider von Texas aus im Fernseher ansehen.

Sie sind als Schriftsteller viel gereist, sind mehrmals umgezogen und haben mehrere Stellen als Stadtschreiber besetzt. Was bedeutet für Sie Heimat?

Heimat wurde für mich erst zu etwas selbstverständlichem, als ich nicht mehr da gelebt habe, wo ich herkam. Der Begriff »Heimat« spielte für mich die ersten 30 Jahre meines Lebens keine Rolle. Erst als ich dann in Hamburg gelebt habe, wurde ich immer wieder gefragt, wo ich herkomme und warum ich denn nicht irgendwo anders bin. Plötzlich trug ich etwas mit mir herum und kam in die Verlegenheit das zu erläutern. Ich musste erklären, was denn anders an dem ist, wo ich herkomme und was daran wiederum nicht anders ist, als das, was sie kannten. Und so wurde ich plötzlich ein unfreiwilliger DDR-Botschafter. Wenn man nur mit Klischees konfrontiert wird, muss man erst einmal lebensweltliche Alltäglichkeiten erklären, die man sonst gar nicht versteht. Dort leben die Menschen ganz normal, wie auch überall sonst. Sie waschen Wäsche, ziehen Kinder groß, dort wird geliebt, gestorben usw. Das war mein Zugang zum Heimatbegriff, erklärend und erläuternd. Das ist also genauso wie bei der Identität. Erst wenn man von außen darauf schaut, indem man sich zum Beispiel fortbewegt, wird die Heimat wirklich erst relevant, aber auch kompliziert.

Haben Sie sich infolge dieser Erklärungsversuche auch manchmal fremd gefühlt?

Nein, das nicht. Das ist auch eher eine persönliche Eigenschaft von mir. Ich bin unerhört anpassungsfähig. Hamburg war allerdings auch ein Sehnsuchtsort für mich. Das hat mit der familien-mythologischen Geschichte zu tun, nämlich damit dass meine Eltern Binnenschiffer auf der Elbe waren. Ich habe also meine ersten Lebensjahre auf diesem Fluss verbracht. Fremd gefühlt hab ich mich in Hamburg nie, ganz im Gegenteil.
 
Eine Anekdote, die mir noch dazu einfällt: Als ich das erste Mal, im schönen Jahre 1987, vom Flughafen JFK in einem Taxi auf Manhattan zu fuhr, habe ich gedacht, ich komme nach Hause. Heimat sind für mich also auch Hollywood-Filme, die Selbstverständlichkeit der Silhouette von Manhattan. Das war ein Erlebnis und ich dachte, ich kenne das alles. Ich kannte es natürlich überhaupt nicht. Ich war da ja noch nie in meinem Leben. Aber ich fühlte mich wohl. Das war die Summe aus vielleicht hundert Filmen, die ich gesehen hatte und ich sah das plötzlich alles vor mir, dort wo zum Beispiel Kojak erst seine Zigaretten, später dann seine Lollys im Mund hatte. Kunst und Medien sind also ganz offensichtlich auch etwas, das Heimat und Identität schaffen kann.

Nachdem Sie 2017 Stadtschreiber in Dresden waren, sind Sie gleich hier geblieben. Was hat Sie dazu bewogen?

Ich habe ja 19 Fragen in der Sächsischen Zeitung beantwortet und da hat Karin Großmann so schön in ihrem Vortext geschrieben: »Aus verschiedenen guten Gründen ist er geblieben.« Dem kann ich eigentlich nichts hinzufügen. Ich fühle mich sehr wohl und ich hab wiederum private Gründe. In meinem Leben ist das ein irrer Zufall und sehr unerwartet, und gleichzeitig hab ich eine unerhört lange Geschichte mit Freunden aus Dresden. Ich war von Ende der 70er Jahre an immer öfter hier. Damals hab ich immer gesagt: »Ich lebe in Drei-Stadt«, also Berlin, Leipzig und Dresden. Ich hab auch hier in Dresden das Familienleben von Freunden mitgelebt. Aber ich habe auch kulturelle Gründe gefunden, die mit der Landschaft, mit der Umgebung und vielem mehr zu tun haben. Und die Person, wegen der ich hauptsächlich hier bin, hat ein sehr ausgeprägtes kulturelles Netzwerk. Ich bin also jetzt schon völlig integriert.

Woran arbeiten Sie gerade?

Ich schreibe immer parallel an mehreren Sachen. Eigentlich müsste ich an einem richtig großen Essay sitzen, für den ich aber gerade noch so viel lese, dass ich noch gar nicht daran schreibe. Dann entstehen natürlich immer auch Gedichte. Es wird dieses Jahr im Frühjahr einen Gedichtband mit dem Namen »Die sichtbaren Dinge« geben, der in dem Leipziger Verlag »Poetenladen« erscheinen wird. Dann hätte ich sogar noch einen weiteren Gedichtband fertig. Und sonst gibt es natürlich auch immer Auftragsarbeiten, Essays, Kolumnen, Reden. Das ist schon ein Großteil der Alltagsarbeit, also diese Arbeiten, die man auch als Broterwerb bezeichnen könnte. Ich bin kein Romancier, den man fragen kann, an welchem großen Werk er gerade sitzt.

Wie gehen Sie beim Schreiben Ihrer Gedichtbände vor?

Ich bin Gelegenheitsdichter, ganz im Sinne von Goethes »Römischer Elegie Nr. IV«, wo genau beschrieben wird, dass man die wesentlichen Feste, die geheimen Feste mit der Göttin der Gelegenheit feiert. In dem Sinne bin ich jemand, den etwas kratzen muss, damit er ein Gedicht schreibt. Ich bin kein Konzeptautor. Ich schreibe jetzt nicht über Descartes die nächsten hundert Gedichte, um mal ein bekanntes Beispiel zu nennen. Das ist schon ziemliche Anarchie, was ich da mache, aber natürlich treiben mich zu gewissen Zeiten bestimmte Dinge um. Ich bin mit einem Thema, mit einer unlösbaren Frage beschäftigt und dann bezieht sich plötzlich das, was ich sehe, fühle, erlebe, alles, was scheinbar zufällig ist, bezieht sich plötzlich auf das, was ich ich mache. Das ist meine Art zu arbeiten und Dresden spielt da zur Zeit natürlich die zweite Geige.

Vielen Dank für das Gespräch.


(Das Interview ist für das Dresdner Kulturmagazin entstanden.)




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