»Kunst muss sich immer steigern«

»Kunst muss sich immer steigern«
Mit Holger John durch die Ausstellung »Schauhasen. Kunst & Politik. Landtagswahl in Osten«

Bis vor Kurzem glich die Stadt noch einer Galerie. Ausgestellt waren Porträts von Politikern, die Werbung für ihre Partei oder sich selbst machten, geziert von Slogans und Versprechungen, die sich auf die kommende Legislaturperiode bezogen. Politiker, vor allem im Wahlkampf, sind Selbstdarsteller und die werden im Erzgebirge auch »Schauhasen« genannt. »Schauhasen« ist deshalb auch der Name der aktuellen Ausstellung in der Galerie Holger John, die eine Woche vor der Wahl eröffnete.


Malereien, Zeichnungen, Objekte, Drucke, Wahlplakate, echt oder verfremdet. Etwas konfus kommt sie daher, schrill, bunt, unruhig – zumindest auf den ersten Blick. Die Hängung ist im Detail aber sehr gut aufeinander abgestimmt. Der Ersteindruck spiegelt letztlich auch ein Stück die Stimmung eines Landes wieder, deren Bürger ebenso wirr und konfus sind, unentschlossen und gespalten. In der Mitte des ersten Raumes prangt die dunkle Bismarck-Büste von Adolf von Donndorf. Grimmig mustert sie den eintretenden Besucher. An der Wand schräg gegenüber hängt der »Turbokapitalist« von Pierre Adam, ein Objekt, das an die Front eines Autos erinnert. Scheinwerfer und Kühlergrill bilden eine verzogene, gierige Fratze. Auch die gehört zum Wahlkampf natürlich irgendwie dazu. 


Holger John hat auch diesmal wieder verschiedenste Positionen und Perspektiven miteinander vereint, Künstler und Künstlerinnen zusammengebracht, die sonst niemals zusammen ausstellen würden und vielleicht auch gar nicht wöllten. Zeitgenossen treffen da auf längste Vergessene, Altmeister auf Newcomer, Ossis auf Wessis. »Ich stelle auch Positionen aus, die mir nicht genehm sind, aber gut in das Ausstellungskonzept passen. Kunst muss sich immer steigern«, verrät der Galerist und Künstler. Gerade bei einem solchen Thema sei das ganz besonders wichtig, schließlich wolle man niemanden ausschließen und die Bandbreite der Gesellschaft auch aus verschiedenen Generationen darstellen. 


Dass das Prinzip aufgeht, hätte sich auch zur Vernissage gezeigt. Da waren neben den klassischen Ausstellungsbesuchern auch viele politische Vertreter anwesend und zwar von der Linken ebenso wie von AfD und Pegida. Es hätte wohl auch sehr angeregte aber durchweg harmlose Diskussionen gegeben. »Eine Galerie ist immer auch ein Podium, das zum Meinungsaustausch anregt«, kommentiert John. Das Schöne an der Kunst sei ja vor allem, dass sie den Betrachter immer dazu auffordert, selber nachzudenken, auch wenn die aufgezeigte Perspektive nicht gefällt oder manchmal auch wehtut. »Die Politik kann nicht höflich daherkommen, auch nicht in der Kunst.« Der Unterschied sei nur, dass es in der Kunst keine vorgefertigten Meinungen gebe. 


Auch die nächste Ausstellung in Holger Johns Galerie wird sich um Kunst und Politik drehen, allerdings mit einem anderen Schwerpunkt, wie bereits der Titel verrät: »Sag mir, wo du stehst. 30 Jahre Mauerfall. Kunst aus Ost und West«. Die Vernissage findet am 8. November statt, also am Vorabend des Mauerfalljubiläums. Die Eröffnungsrede wird Wolfgang Berghofer halten, der in der Wendezeit Oberbürgermeister von Dresden war. 

»Schauhasen. Kunst & Politik. Landtagswahl in Sachsen« bis 13. Oktober in der Galerie Holger John, Öffnungszeiten Di-So14-19 Uhr. Weitere Informationen unter www.galerie-holgerjohn.com

(Der Text ist für das Dresdner Kulturmagazin entstanden.)


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