WELTRAUMAFFEN

WELTRAUMAFFEN
Regie: Christiane Guhr, Dramaturgie: Stephan Zwerenz 

Frei-Spieler Kollektiv in Kooperation mit dem Labortheater der HfBK Dresden
und dem Kulturschutzgebiet Projekttheater Dresden. 

Foto: Richard Moor

Inhalt

„Wie ein Affe, der bereit ist in den Weltraum geschossen zu werden. Weltraumaffe. Bereit sich zu opfern, um einem höheren Ziel zu dienen.“ 

Ein geheimer Club entwickelt den Plan, die moderne technische Welt mit anarchistischen Chaos-, Terror- und Spaß-Aktionen lahmzulegen. Täglich rekrutiert der charismatische und mysteriöse Anführer neue Mitglieder und erste, harmlose Aktionen finden statt. Der Club hackt die automatischen Schiebetüren des Einkaufzentrums oder platziert Botschaften und Kunst auf Werbeplakate. In rasender Geschwindigkeit greift das Projekt um sich und entwickelt bald ein Eigenleben.

Inspiriert von Chuck Palahniuks Roman „Fight Club“, Lutz Dammbecks künstlerischem Dokumentarfilm „Das Netz“, Sam Esmails Serie „Mr. Robot“ und dem „Unabomber-Manifest“ von Ted Kaczynski „Die industrielle Gesellschaft und ihre Folgen“. 



Besetzung 

Spiel
Bianka Elsner, Madlin Joffroy, Rosa Klug, Steffen Dille,
Hannes Emmerich, Paul Förster, Paul Schneider 

Leitung / Regie 
Christiane Guhr 

Bühnen- und Kostümbild
Julia Scholz & Manuel Radke HfBK 

Licht 
Geohwan Ju HfBK 

Sound 
Martin Zerrenner / Eric Vogel

Dramaturgie Mithilfe 
Marcus Möller / Stephan Zwerenz



Termine

13.12.2019 Premiere 19:30 Uhr
14.12.2019 Vorstellung 19:30 Uhr 
im Labortheater der HfBK Dresden, Güntzstraße 34

Weitere Vorstellungen Januar / Februar / März 2020
im Projekttheater Dresden, Louisenstraße 47

15.01.2020 Vorstellung 20:00 Uhr
16.01.2020 Vorstellung 20:00 Uhr

21.02.2020 Vorstellung 20:00 Uhr
22.02.2020 Vorstellung 20:00 Uhr

10.07.2020 Vorstellung 20:00 Uhr
11.07.2020 Vorstellung 20:00 Uhr



Hintergrund / Bezug / Anliegen

Der aktuelle gesellschaftliche Diskurs ist bestimmt von den rasanten technischen Veränderungen, Cyberkriminalität, sozialer Verrohung, dem Phänomen von Verschwörungstheorien, neuen Männerbünden wie den Reichsbürgern und von der Zerstörung der Umwelt im Namen des Kapitalismus. Alle diese Themen sind in Chuck Palahniuks Roman „Fight Club“ zu finden. Daher ist es nur folgerichtig sich mit dem 1997 erschienen und 1999 verfilmten Werk auseinanderzusetzen. Die Themen haben an Aktualität nichts verloren und wurden unter anderem in der US-amerikanischen Serie „Mr. Robot“ von Sam Esmail (2015-2019) weitergeführt. 

Das Verlangen, die Gesellschaft zu verändern, steckt in vielen Menschen. Gerade jungen Menschen ist es ein Verlangen ihre Umwelt zu gestalten, zu revolutionieren, vielleicht gar zu retten. In Zeiten des Klimawandels, sozialer Ungleichheit und einer täglich rasanteren Entwicklung digitaler Prozesse und Netzwerke, ist dies nur konsequent. 

Ob und wie weit man in diesem Verlangen nach Veränderung über die Grenzen der Legalität schreiten darf, ist die Frage, die unmittelbar folgt. „Fight Club“ und „Mr. Robot“ geben dabei radikale Denk- und Handlungsansätze vor, die das bestehende Gesellschafts- und Finanzsystem ins absolute Chaos stürzen. 


Relevant in der Auseinandersetzung mit Digitalisierung, technischem Fortschritt und Kapitalismus sind die Ideen der ersten Internetpioniere und Kybernetiker, die von einem System ohne bekannte Grenzen sprechen. Was in Folge vielleicht hieße, dass sich Technik und Internet zum Golem entwickeln könnten, der seinen Erfindern am Ende ans Leben gehen will. Der Filmemacher und Maler Lutz Dammbeck geht in seinem Dokumentarfilm „Das Netz“ (erschienen 2003) diesen Fragen auf den Grund. Er stellt einen der ersten „Gegenschläger“, den einstigen Havard-Mathematikprofessor Ted Kaczynski, in den Mittelpunkt, der (angeblich) mit Briefbomben vor allem das Schaffen von Wissenschaftlern und Fluggesellschaften stoppen wollte. Der sogenannte „Unabomber“ verfasste ein Manifest, in dem er behauptet, dass „...die Technisierung unserer Gesellschaft infolge der Industriellen Revolution desaströs für die Menschheit gewesen sei, da hierdurch ein ‚System‘ entstehen konnte, welches, vertreten durch die machthabenden Eliten, mehr und mehr Einfluss auf den einzelnen Menschen nehme, was nicht nur eine Aushöhlung von Freiheit und Würde des Individuums, sondern auch konkrete psychische Probleme wie Depressionen und Burn-Outs zur Folge hätte.“ (Wikipedia). Ted Kaczynskis Manifest ist eine der Quellen für Chuck Palahniuks Roman „Fight Club“.

Letztlich aber steht im Zentrum des Romans „Fight Club“ das Schicksal und die Liebesbeziehung zweier Außenseiter, einer Borderlinerin und einer multiplen Persönlichkeit. Diese kraftvolle und konfliktreiche Beziehung stellt möglicherweise alles andere – von Weltrevolution über Verschwörungstheorien bis zum Superhack – in den Hintergrund. 


Besonderheit des Frei-Spieler Kollektivs

Die Arbeiten des Frei-Spieler Kollektivs zeichnen sich durch brennende Aktualität, Mut zu Komplexität, zu Grenzüberschreitung, künstlerisch hochwertige Ausstattung und die Bearbeitung von vielschichtigen Themengebieten aus.

Das Kollektiv, bestehend aus künstlerisch Aktiven und bis dahin Nicht-Aktiven, sieht sich als Raum gebend für Experiment, Gestaltung, Denkansätze und Horizonterweiterung. Unbequeme gesellschaftliche Themen und philosophische Ansätze sind legitim, Systeme dürfen in Frage gestellt werden. Es ist Anliegen die Beteiligten und die Zuschauer zum sinnlichen Denken anzuregen. Die Barriere zwischen denen auf der Bühne und denen auf den Sitzen ist niedrigschwellig – Kommunikation folgerichtig.


In der heutigen Kulturdebatte können Inszenierungen freier Kollektive in dem Umfang, mit dem wir unsere Inszenierungen ausstatten, nicht realisiert werden. Die Folge sind häufig Zwei-Mann/-Frau-Stücke. Doch sieben professionelle SchauspielerInnen, Bühne, Kostüm, Dramaturgie, Sound und Regie würden das Budget einer freien Produktion sprengen. Sicher ist dies ein Grund dafür, dass sich das Frei-Spieler Kollektiv in einer Nische angesiedelt hat, in dem es professionelle Arbeit mit Amateuren mit der Arbeit Studierender der HfBK kombiniert. Aber auf diese Weise ist es uns in den letzten Jahren möglich gewesen, gut ausgestattete Inszenierungen auf die Bühne zu bringen, gute Spieler auszubilden, gute Texte zu erarbeiten und damit ein großes junges Publikum anzusprechen. 

Es ist nicht zu hoch gegriffen Themen wie Terrorismus, RAF, Bewusstseinsbeeinflussung, Künstliche Intelligenz, Wahnsinn und Drogen zu behandeln und dazu Autoren oder Regisseure wie Fassbinder, Koltés und Godard heranzuziehen – um nur einige der Themen und Autoren vergangener Aufführungen zu nennen. Es ist uns so gelungen Theater-fremde oder -neulinge für anspruchsvolles Theater zu begeistern, auch indem wir unsere Themenschwerpunkte mit dem aktuellen Zeitgeist verwebten. 

Mut zum Denken und zum Intellekt – in einer Stadt wie Dresden! Unsere Inszenierungen geben keine vorgefertigten Antworten, aber sie wollen anregen eigene Meinungen zu bilden. Sie setzen sich mit der kulturellen Identität und der jüngsten Vergangenheit auseinander, wollen Lust zum Nachdenken machen und junge Leute mit Themen konfrontieren, mit denen sie vielleicht nicht zwangsläufig im Studium oder in ihrem Alltag in Berührung kommen würden. 


Kooperation mit der HfBK

Durch die Kooperation mit der HfBK ist die Arbeit des Kollektivs möglich. Die inszenatorisch aufwendigen Produktionen – sie stehen einer professionellen Inszenierung in nichts nach – ähneln vielleicht der Arbeit der Bürgerbühne Dresden, bieten Raum für erste angewandte Arbeiten der Bühnen- und Kostümbildstudierenden. 

Dresden hat keine Schauspielhochschule wie etwa Leipzig, die es ermöglichen würde experimentierende Kooperationen von Bühnenbild und Sprechtheater zu realisieren – auch diese Nische füllen wir. 

Studierende finden in den Produktionen Raum für erste eigene Entwürfe, Experiment und Umsetzung aber auch Erfahrungen im Umgang mit Schauspielern, Inszenierungsentwicklung, Beleuchtung und Realisierung. 

In den letzten Jahren hat es sich bewährt alle theaterausstattungsrelevanten Studiengänge wie Maske, Kostümgestaltung, Bühnenplastik und Bühnenmalerei mit einzubeziehen. 

Gefördert durch das Amt für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden.


Pressestimmen

MDR Kultur, 13.12.2019

Neustadtgeflüster, 23.01.2020

Dresdner Kulturmagazin, 15.12.2019


Dresdner Neueste Nachrichten, 17.12.2019



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